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Kino als Hochzeit von Musik Ton und Bild

Symposium an in der Bundeskunsthalle Bonn über die Kunst der Filmmusik. Auch Tom Tykwer diskutierte mit.

Von Tim In der Smitten

Bonn. “Wenn von einem Hund gesprochen wird, bellt es im Orchester. Wenn vom Tod gesprochen wird, werden die Herren Posaunisten bemüht. In der Liebe gibt es die Geigen und beim Triumph setzt das bewährte Schlagwerk auch noch mit ein.” Das schrieben Hanns Eisler und Theodor Adorno in ihrem 1947 erschienen, weltbekannten Standart-Werk „Komposition für den Film“. Diese Beobachtung hat auch nach über 50 Jahren noch Gültigkeit. Denn oft doppelt die Musik einfach nur die Bilder.

In den 70ern wurde diese Praxis durch sogenannte Sound Designer aufgeweicht. Bei Coppola, Spielberg oder Lucas eroberte eine neue Dimension der Filmmusik die Kinos. Zu diesem Thema lud die Internationale Film-Musik Biennale in Bonn den wohl bekanntesten Sound Designer, Mark Mangini, ein. Mit dem Hollywood-Star, der unter anderem für den Sound bei „Star Trek“, „Das fünfte Element“ und „Stirb langsam“, verantwortlich war, donnerten bei einem Angriff plötzlich keine Kanonen mehr, sondern die Klänge des Triumphmarsches.

Die Mittel mit denen der richtige Ton erzeugt wird, sind dabei oft ganz einfach, allein die Idee ist es, die die Klasse ausmacht. So vermischte Mangini für die Eingangssequenz von „Das fünfte Element“ ein Stimmengewirr mit den Lauten eines Bären. Und die kreischende Polizeisirene im gleichem Film ist in Wirklichkeit der Schrei eines Gibbon. Für eine Kampfszene in „Nur 48 Stunden“, schlug Mangini auf einen leblosen Schweinekörper, „weil der dann unwahrscheinlich menschlich klingt“.

Ein weiterer Workshop auf der Biennale stand unter dem Titel „Filmmusik kritisch betrachtet“. Darin hing darum, die Eisler-Thesen an der Gegenwart zu überprüfen. Star-Teilnehmer waren Tom Tykwer (Lola rennt) und Andreas Dresen (Halbe Treppe, Die Polizistin). Beide sagten, dass zwar einiges aus dem Eisler-Werk überholt sei, vieles jedoch heute noch zutreffe.

„Ich sehe Kino als die Hochzeit von Musik, Ton und Bild. Und ein Film muss wie ein guter Freund sein, an dem es immer noch etwas zu entdecken gibt“, so Tom Tykwer. Was ihm bei „Lola rennt“ gelang: Während harte Beats die hektischen Bilder verstärken, schaffen kontrapunktisch eingesetzte Streicher immer wieder für eine gewisse Zurücknahme.

Andreas Dresen konnte sich hier Tykwer nicht anschließen. Er beklagte den „Terror der Musik“, dem man überall, ob im Kaufhaus oder im Kino, ausgesetzt sei. „Es kann doch nicht sein, dass man bloß alle Register ziehen muss, damit die Zuschauer beeindruckt sind. Denn gerade dahinter verbirgt sich oft eine unheimliche Leere. Interessant, denn schon Eisler schrieb 1947: „Sparsamkeit ist bei der Filmmusik besonders geboten“. Und Dresen geht noch weiter. Er sagt: „Für mich beginnt Musik mit Stille.“ Folgerichtig kam sein Film „Die Polizistin“ ganz ohne Musik aus.

Fasziniert erlebten die rund 200 Teilnehmer am Beispiel zweier Vertonungen des John-Ford-Films „Früchte des Zorns“, welche macht Musik hat. Im Original wird der Aufbruch armer Bauern in eine ungewisse Zukunft mit Geigen optimistisch unterlegt. In einer anderen Vertonung wirkt die gleiche Szene durch den Einsatz der Orgel beängstigend und trostlos.

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