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 Arzt wirft sein Kind weg
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Arzt wirft sein eigenes Kind weg

Von Tim In der Smitten

Es ist Freitagnacht, als in der Notaufnahme des Krankenhauses Oberhausen die Sirene heult. Der Alarmton bedeutet, dass eine verzweifelte Mutter gerade ihr Neugeborenes in die sogenannte Babyklappe geworfen hat. Hinter der Klappe verbirgt sich ein Wärmebettchen, in das die Mütter ihre Kinder straffrei legen können. Damit sie unerkannt bleiben, wird der Alarm zeitversetzt ausgelöst. Gleichzeitig informiert das Krankenhaus den Verein Binsenkörbchen, der die Babyklappe in Oberhausen eingerichtet hat.

      „Ich traute meinen Augen nicht. Da hatte tatsächlich jemand ein 20 Monate altes Baby eingeworfen“, ist Karin Zeyner vom Verein Binsenkörbchen fassungslos. Sofort ahnt sie, dass hier etwas nicht stimmt. „Ein so altes Baby hatten wir hier nämlich noch nie. Dafür ist die Klappe auch nicht da. Wir sind doch keine billigen Ersatz-Babysitter“, ist Karin Zeyner empört. Da sie aber den Namen der Eltern nicht weiß, kommt das Baby, nach einer gründlichen Untersuchung, zu einer Übergangs-Pflegefamilie. „Dort bleiben die Säuglinge normalerweise acht Wochen, bis sie zur Adoption freigegeben werden“, erklärt Karin Zeyner.

      Zwei Tage später, im 70 Kilometer entfernten Mönchengladbach: Mit panischer Stimme meldet sich Astrid M. telefonisch bei ihrem Ex-Freund Christian M., einem jungen Arzt in  einer Gladbacher Klink. „Astrid fragte nach ihrer kleinen Luca, die übers Wochenende bei  ihrem Vater sein sollte. Sie war fast Tod vor Angst, weil ihr Freund das Kind noch nicht wieder zurück gebracht hatte“, erzählt Heike S. unserer Zeitung. Sie ist die beste Freundin der 28-jährigen Mutter. „Die Astrid hatte ihrem Ex die kleine Luca wie üblich am Freitag für das Wochenende gebracht. Die Kleine sollte er dann Sonntagfrüh wieder zu ihr bringen. Als Astrid aber auch am späten Abend noch nichts von den beiden hörte, ahnte sie, dass etwas passiert sein musste“, erzählt Freundin Heike

     Nach längerem Streit am Telefon gesteht der 31-jährige Arzt das Unfassbare: Er hatte sein eigenes Kind nach Oberhausen gefahren und dort in die Klappe geworfen. „Der wollte der Astrid doch nur eins auswischen“, wettert Heike S. „Ungeheuerlich. Ein Arzt ist doch da, um Leben zu retten, nicht um es wegzuschmeißen“, Heike ist außer sich vor Wut. Sofort nimmt die Mutter, die gestern nicht zu erreichen war, Kontakt mit dem Krankenhaus auf und hält ihre kleine Luca wenige Stunden später wieder in den Armen.    

Gegenüber der WZ spricht der junge Arzt darüber, wie es zu dieser „Kurzschluss-Reaktion“ (Christian M.) kam. „Ich wusste einfach nicht mehr weiter. Astrid kam zu mir in meine Wohnung und sagte, dass Schluss sei. Dann drückte sie mir die Luca in die Hand und meinte, dass ich mich um sie kümmern soll“, erzählt er zunächst mit tiefer, fast emotionsloser Stimme. Doch dann Sprudelt es förmlich aus ihm heraus: „Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe, aber ich war völlig fertig. Ich arbeite seit Wochen jeden Tag zwölf Stunden. Dann noch die Trauer über die Trennung, das habe ich nicht ausgehalten“, gesteht er. „Aber immerhin“, meint er, „ich habe der Kleinen ja nichts angetan, ich wusste ja, dass sie in guten Händen war“. Hunderte Versuche habe er gestartet, um Astrid ans Telefon zu bekommen, aber sie habe immer sofort aufgelegt. Auf die Frage, ob auf ihm als Arzt nicht eine besondere Verantwortung für das Leben laste, meint er: „Wenn eine Mutter ihr Kind abgibt, handelt sie richtig, aber wenn ich es tu, dann bin ich der Buhmann. Das ist nicht fair.“

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